2.1. Technokratisch-neoliberale Konzepte Für technokratisch-neoliberale Technikentwicklungskonzepte sind wohl vor allem die DELPHI-Umfragen unter sogenannten "Experten" aussagefähig. Aufmerken lassen sollte schon die Beschränkung der Fragestellung an Experten, also jene "in der Lage (sind), sich mit der These auseinanderzusetzen, um überhaupt ein Urteil abgeben zu können" (Pressedokumentation: "Delphi ´98", S. 4): Techniker, Unternehmer, Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen. Auffallend ist dabei schon, daß sich nur 5% Frauen unter denen befinden, deren Antworten schließlich ausgewertet wurden (Pressedokumentation, S. 5). Bei der Befragung wird typischerweise nicht unterschieden zwischen dem, was die Befragten annehmen, was sich durchsetzt und dem, was sie sich vielleicht - entgegen den zu erwartenden Trends - wünschen. Das Erwartete wird mit dem Wünschbaren gleichgesetzt. Die Befrager selbst sind der Meinung, über ihre Fragen nicht nur Zukunftserwartungen zu erforschen, sondern damit gleichzeitig Zukunft zu gestalten, in dem sie "Experten dazu bringen, sich mit der Zukunft auseinanderzusetzen und sie zu gestalten" (Cuhls 1998). Warum nur Experten? Haben "normale Leute" nichts zu ihrer Zukunft beizutragen??? Ab dem Jahr 2000 werden folgende Megatrends erwartet:
Die nächsten Leitbilder deuten schon die Wahrnehmung ökologischer Probleme an:
Erstaunlicherweise tauchen hier Biotechnologie und Life Science als Thema gar nicht auf.... Die Voraussagen der World Future Society in Bethesda bei Washington beruhen auf noch anderen Visionen: (ND 30.11.1994)
Studenten stellen sich ihre Zukunft in 25 Jahren, wie die Firma Honeywell aller zwei Jahre in einer Umfrage (siehe Dürand) ermittelt, mit folgenden Komponenten vor:
Andere neue Entwicklungen sind:
"Dinge, die denken" werden zurzeit im Media Laboratory des Massachusetts Institute of Technology entwickelt (Stein 1995): Unterhemden, die medizinische Daten eines Menschen permanent erfaßt und weiterschickt, Sonnenbrillen, die nebenbei als Wegweiser durch fremde Städte fungieren... Aus Kleidung werden "Computer zum Anziehen", die ihre Eigenschaften je nach Wetter verändern und zu denen bspw. Radios gehören wie heute Knopf und Reißverschluß... Der Trend ist, daß alle Dinge einen kleinen Minicomputer, Sender und Empfänger bekommen damit miteinander kommunizieren können. Die Visionen von der Verschmelzung von Mensch und Maschine erhalten immer wieder neuen Auftrieb, als sei die Mechanisierung und Elektronisierung des Menschen an sich ein Fortschritt menschlicher Evolution. (Die Anwendung von Neurotechnik zugunsten Behinderter - sie sich auch entwickelt - ist dabei leider am wenigsten gemeint). Dieser neoliberale-technokratische Trend liegt auf dem "technosphärischen" Pfad (nach Steinmüller/Steinmüller): "In der Vision der Technikpioniere löst sich der Mensch völlig aus der Natur. Das Bewußtsein verläßt die unzuverlässige organische Substanz, und wird auf ein technisches Substrat übertragen oder existiert "plattformunabhängig" als Software weiter. Künstliche Intelligenzen kolonisieren den Kosmos. Wenn die irdische Natur darüber abstirbt, kümmert das die Verfechter dieses Pfades nicht weiter." Von sozialen Veränderungen wird i.a. nur dann gesprochen, wenn von den Bewohnern der intelligenten Häuser oder den Trägern der medizindaten-weitergebenden Hemden gesprochen wird. Eher am Rande werden die Veränderungen in der Arbeitswelt besprochen. Eindeutig geht der Trend in Richtung zeitweiser Beschäftigung, was i.a. euphorisch als etwas Positives bewertet wird (wie auf der EXPO 2000). Die Zukunft werde nicht mehr von sozialversicherungspflichtiger Lohnarbeit bestimmt, sondern wir werden alle "freischaffende Auftragnehmer in temporären Arbeitsverhältnissen" .Es ginge nicht mehr um Arbeit, sondern um lustvolle Schaffensfreude in einer neuen Leistungsgesellschaft, meint ein Autor in "bild der wissenschaft" (Opaschowski). Daß viele der neuen Leistungen, z.B. im sozialen und ökologischen Bereich unvergütet bleiben müßten, wird als selbstverständlich vorausgesetzt! : "Dennoch bedeutet Arbeit immer häufiger auch: ohne Vergütung für andere und an sich selbst zu arbeiten." (ebd., S. 14). Insgesamt wird in den Delphi-Befragungen von 1998 für die Zeit zwischen 2006 und 2013 ein "Ringen um ökologisches Wirtschaften und um die Eindämmung globaler Umweltprobleme" erwartet (Pressedokumentation, S. 10). Die Auswirkungen der "Widersprüche zwischen den Existenzbedingungen lebender Systeme und den Prinzipien industriekapitalistischer Gesellschaftsorganisation" (Maier, S. 21) sind auch für kapitalistische Akteure nicht mehr zu übersehen. "Unsere tägliche Energie gib uns heute ... aber erlöse uns von zuviel Schadstoffen" ist der Thementitel einer Werbebroschüre des Bundesministeriums für Forschung und Technologie für Jugendliche (Bundesministerium, S. 5)
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